Die Methanspaltung eröffnet neue Wege, um Erdgas klimafreundlicher zu nutzen. Europäische Pilotprojekte zeigen eindrucksvoll, wie sich aus Erdgas Wasserstoff und wertvolle Kohlenstoffprodukte gewinnen lassen – ein wichtiger Beitrag zu einer nachhaltigen Energiezukunft.
Methanspaltung: Neue Ansätze für eine CO2-freie Zukunft
Bei OMV setzen wir uns für die Entwicklung innovativer Technologien ein, die die Dekarbonisierung vorantreiben und uns den Weg in eine CO2-arme Zukunft ebnen. Neben Wasserstoff, der durch Elektrolyse gewonnen wird, ist die Methanspaltung ein vielversprechender Durchbruch in diese Richtung.
Durch Elektrolyse erzeugter Wasserstoff trägt entscheidend zur Erfüllung der Kriterien für erneuerbare Kraftstoffe nicht-biologischen Ursprungs (RFNBO1) bei, wie sie in der EU-Richtlinie für erneuerbare Energien festgelegt sind. Wasserstoff, der durch Methanspaltung gewonnen wird, ergänzt unser Portfolio an CO2-armem Wasserstoff und trägt so zur Verringerung unseres Treibhausgas-Fußabdrucks bei.
Hycamite pilot plant
Die Methanspaltung ist äußerst vielversprechend. Innovative Unternehmen wie Hycamite in Finnland und Levidian in Großbritannien haben diese Technologie aus den Forschungslaboren geholt und in europäischen Industrieunternehmen erfolgreich eingesetzt. Sie haben bewiesen, dass sie Methan in industriellem Maßstab in sauberen Wasserstoff und wertvolle Kohlenstoffmaterialien umwandeln können.
Während die Technologie ihren Siegeszug aus den Laboren in die Industrieanlagen antritt, teilen Expert:innen ihre Erkenntnisse darüber, was die Methanspaltung für die Industrie, die Energieversorgung und den Klimaschutz bedeutet.
Was ist Methanspaltung?
Bei der Methanspaltung wird Erdgas in zwei wertvolle Komponenten zerlegt: Wasserstoff und festen Kohlenstoff. Während der Wasserstoff als sauberer Brennstoff für die Schwerindustrie dient, kann der Kohlenstoff zu Hochleistungsmaterialien wie Graphit oder Graphen veredelt werden. Anders als bei herkömmlichen Verfahren zur Wasserstoffproduktion werden dabei nur minimale Mengen an CO2 ausgestoßen. So wird aus einem Problem für das Klima eine Lösung für die Industrie.
Hycamite founder Laura Rahikka
Laura Rahikka, Gründerin und CEO von Hycamite, erklärt:
„Bei der Methanspaltung wird Methangas in sauberen Wasserstoff und festen Kohlenstoff zerlegt. Das Verfahren ist emissionsfrei. Der gewonnene Kohlenstoff ist ein festes Material, das sich zu hochwertigem Graphit für Batterien weiterverarbeiten lässt. Die Technologie kann vor Ort eingesetzt werden und leistet einen wesentlichen Beitrag zur Dekarbonisierung der Industrie.“
Die Gründer:innen von Hycamite hatten eine Vision: Sie wollten die Industrie dekarbonisieren und gleichzeitig die europäische Werkstofflieferkette stärken. Ihr Ziel war es, eine Methode zur katalytischen Methanspaltung zu entwickeln. Levidian hingegen setzt auf ein patentiertes Verfahren, bei dem Methan mithilfe von Mikrowellenplasma gespalten wird.
Laut John Hartley, Geschäftsführer von Levidian, lassen sich damit zwei Ziele gleichzeitig erreichen:
„Sowohl der Kohlenstoff als auch der Wasserstoff haben einen erheblichen Wert – insbesondere, wenn der Kohlenstoff in Form von Graphen vorliegt. Graphen ist ein Werkstoff der Extraklasse, der für die Herstellung vieler klimafreundlicher Produkte wie Solarzellen und Batterien benötigt wird. Außerdem kann man es zur Dekarbonisierung von Materialien wie Beton, Reifen und Zement verwenden.“
Industrielle Anwendungen
Durch die Methanspaltung entstehen Materialien und Brennstoffe, die in vielen Branchen benötigt werden.
Das von Hycamite entwickelte Verfahren erzeugt beispielsweise festen Kohlenstoff, der zu Graphitvorprodukten für die Batterieherstellung sowie zu Kohlenstoffnanoröhren und Nanofasern weiterverarbeitet werden kann.
Rahikka betont die Bedeutung für die Batterieherstellung:
„Der von uns produzierte graphitische Kohlenstoff ist eine Vorstufe von Graphit. Er kann daher relativ problemlos zu batterietauglichem Graphit weiterverarbeitet werden und erfüllt die EU-Vorgaben für entsprechende Werkstoffe.
Das ist deshalb so entscheidend, weil derzeit mehr als 90 % des für Batterien geeigneten Graphits aus China stammen. Mit unserer lokalen, CO2-armen Produktion ermöglichen wir die Batterieherstellung und die Entwicklung anderer Industriezweige in Finnland und in der EU.“
Im industriellen Maßstab eingesetzt, könnte die Methanspaltung Europas Abhängigkeit von importierten Batterien verringern, die für die Herstellung von Elektrofahrzeugen benötigt werden. Damit würde sie zur Energiesicherheit und zur Entwicklung einer Kreislaufwirtschaft beitragen.
Mit seiner LOOP-Technologie produziert Levidian Kohlenstoff in Form von Graphen – ebenfalls genau dort, wo er benötigt wird. Graphen gilt vielen als ,Wundermaterial’. Es ist 200-mal stärker als Stahl, außergewöhnlich leicht und ein ausgezeichneter Wärme- und Stromleiter. Bisher kam Graphen eingeschränkt zum Einsatz, da es sich nur schwer kostengünstig, in stabiler Qualität und in großem Maßstab herstellen ließ. Inzwischen ist das mithilfe der Technologie von Levidian möglich.
Hartley sieht weitere Vorteile für die Batterieindustrie:
„Graphen steigert die Leistungsfähigkeit von Anoden und Kathoden in Batterien für Elektrofahrzeuge erheblich. Dadurch verkürzt sich die Ladezeit um bis zu 30 %, während die Lebensdauer der Batterien um bis zu 27 % zunimmt.“
Die Einsatzmöglichkeiten gehen jedoch weit über Batterien hinaus. Schon geringe Zugaben von Graphen verbessern die Leistung und Lebensdauer von Produkten wie thermoplastischen Rohren, Beton, Bitumen, Gummi, Farben und Beschichtungen. Das ,Wundermaterial’ reduziert somit den Materialverbrauch und verlängert die Lebensdauer von Produkten in Branchen, die sich besonders schwer damit tun, ihre Emissionen zu senken und CO2-ärmer zu produzieren.
Hartley führt fort:
„Graphen senkt den Materialverbrauch und erhöht die Lebensdauer von Verbundwerkstoffen, Kunststoffen und Beton. So könnte mit dem Graphen aus einer einzigen LOOP-Anlage in Cambridge der Kunststoffanteil von 150 Millionen Plastikflaschen um etwa 16,7 % reduziert werden, was etwa 500 Tonnen Kunststoff entspricht."
Methanspaltung weltweit vorantreiben
Für Hycamite und Levidian besteht die Herausforderung darin, die Skalierbarkeit ihrer Pilotprojekte unter Beweis zu stellen. An dieser Stelle kommt OMV als Partner und Wegbereiter für den industriellen Einsatz dieser Technologien ins Spiel.
Aktuell werden in Industriebetrieben in ganz Europa Pilotprojekte durchgeführt, um Marktanforderungen zu analysieren und passende Skalierungsstrategien zu entwickeln. Im Kern geht es um die Frage, wo die Technologien am schnellsten und wirkmächtigsten zum Einsatz kommen können.
Rahikka erinnert sich:
„Es war sehr aufregend, als wir die ersten Nanofasern aus Kohlenstoff in den Händen hielten. Der nächste Höhepunkt war der Moment, als die Pilotanlage im 24/7-Vollbetrieb das erste Kilogramm Kohlenstoff produzierte. OMV spielte dabei eine wichtige Rolle. Wir haben sehr viel über die Bedürfnisse der Unternehmen und die Skalierungsoptionen für unsere Technologie gelernt.“
Die innovativen Lösungen von Levidian und Hycamite sind modular aufgebaut und flexibel einsetzbar. Unternehmen können die Methanspaltung somit für unterschiedliche Zwecke und in verschiedenen industriellen Umgebungen nutzen. Die energieeffizienten Module lassen sich schnell installieren und skalieren. Somit kann Methan an Standorten aufgefangen und umgewandelt werden, an denen es sonst abgelassen oder abgefackelt würde. So können wir sehr schnell viele Module einbauen, gleichzeitig die Betriebskosten niedrig halten und unseren CO2-Fußabdruck verringern.
Hartley fasst es wie folgt zusammen:
„Wir reduzieren nicht nur Emissionen. Vielmehr unterstützen wir die Kreislaufwirtschaft, indem wir Methan in Wasserstoff und Kohlenstoff aufspalten und hochmoderne Materialien herstellen, die zur Dekarbonisierung anderer Branchen beitragen.“
Europa zeigt gemeinsam mit den wichtigsten Branchenführern, wie diese Technologie die Industrien vor Ort resilienter macht, eine CO2-arme Produktion ermöglicht und die Kreislaufwirtschaft fördert.
Zwar zählt Methan zu den stärksten Treibhausgasen überhaupt. Doch richtig genutzt kann es zum Wegbereiter einer saubereren, nachhaltigeren und stärkeren Industrie werden.
