Veredeln statt verbrennen: Kunststoff statt Kraftstoff
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Veredeln statt verbrennen – das hört man in letzter Zeit oft von der OMV. Es bedeutet unter anderem, dass mehr Grundstoffe für die Petrochemie produziert werden, beispielsweise um daraus langlebige Kunststoffe zu fertigen, die CO2-Emissionen deutlich länger binden als Benzin oder Diesel. Wie das gelingt? Mithilfe einer Diva aus den Sechzigerjahren – und einer jungen Prozessingenieurin aus der Raffinerie Schwechat, die weiß, wie man das Beste aus ihr herausholt.
Frühjahr 2018. Anna-Maria Schober sitzt mit ihren Kolleginnen und Kollegen in der zentralen Messwarte der Raffinerie Schwechat. Nach Monaten der akribischen Vorbereitung, dem Analysieren von Risiken und Wochen des Testens an einer Pilotanlage ist es endlich soweit: Der Regler wird hinaufgefahren, der Probelauf startet. Das Ziel: die Ausbeute an Propylen – ein wichtiger Grundstoff in der Petrochemie – aus der FCC Anlage konstant zu halten und das bei schwererem Ausgangsmaterial. Schwerere Erdölkomponenten, also weniger wertvolle Rückstände, sollen in ein hochwertiges Raffinerieprodukt zerlegt werden. Warum hier alle so gespannt sind? Was einfach klingt, ist hochkomplex. „FCC Anlagen sind sensibel und haben einen komplexen Energiehaushalt. Daher muss man sie sehr vorsichtig behandeln – fast wie eine Diva“, schmunzelt Anna-Maria. „So gewissenhaft und umfangreich man es auch im Vorhinein berechnet und testet – wenn es im echten Leben losgeht, weiß man trotzdem nicht genau, ob alles so läuft, wie man es plant.“
In der Raffinerie Schwechat haben wir eine der Top-FCCs in Europa und holen das Maximum an Propylen für die Kunststoffproduktion aus dem Einsatz.
Anna-Maria Schober, Prozessingenieurin, OMV Raffinerie Schwechat
Die FCC – das Herzstück der Raffinerie
FCC, das steht für Fluid Catalytic Cracking. Das katalytische Cracken ist der bedeutendste Stoffumwandlungsprozess in einer Raffinerie. Vereinfacht gesagt wird dabei Schweröl in leichtere Produkte wie Propylen oder auch Benzin umgewandelt. Das Gute an dieser FCC Anlage ist, dass sie relativ flexibel ist. Widmet man ihr genügend Aufmerksamkeit und Arbeit – so wie Anna-Maria Schober und ihre Kolleginnen und Kollegen – lässt sie sich dahingehend optimieren, dass man mehr vom gewünschten Produkt erhält. Im Fall der Raffinerie Schwechat sind das petrochemische Grundstoffe wie Propylen.
Die Nachfrage nach petrochemischen Ausgangsprodukten steigt. In Europa erwarten wir eine Bedarfssteigerung von aktuell 54 Millionen Tonnen auf 65 Millionen Tonnen im Jahr 2040.
Mirela Glaser, Head of Strategic Pricing Fuels & Petrochemical Sales, OMV Downstream
Markt im Wandel
Das ist wichtig, denn der Markt ist im Wandel. „Wir sehen, dass die Nachfrage nach petrochemischen Ausgangsprodukten steigt“, sagt Mirela Glaser, die sich in der OMV mit den Marktentwicklungen in Absatzmärkten beschäftigt. „In Europa erwarten wir eine Bedarfssteigerung von aktuell 54 Millionen Tonnen auf 65 Millionen Tonnen im Jahr 2040.“
Der Anteil an Benzin und Dieselkraftstoffen wird hingegen langfristig sinken.
Zwar war die Nachfrage nach Benzin und Diesel in den letzten Jahren relativ konstant, bei Diesel sogar steigend. In den nächsten 20 Jahren sei für Europa aber ein deutlicher Rückgang zu erwarten, sagt Mirela Glaser: Von 525 Millionen Tonnen (inklusive Biokraftstoffen) auf 430 Millionen Tonnen im Jahr 2040. Einer der Treiber dafür ist das stetig wachsende Bewusstsein der Verbraucherinnen und Verbraucher für die eigene Verantwortung im Hinblick auf den Klimawandel, insbesondere seit dem Pariser Abkommen: Alternative Antriebsarten wie Wasserstoff- oder Elektromobilität, Biokraftstoffe oder Erdgas verdrängen Benzin und Diesel zunehmend von ihrer dominanten Position.
Welche Trends außerdem noch hinter diesen Entwicklungen stehen, erzählt Mirela hier:
Mehr veredeln, weniger verbrennen
Vor diesem Hintergrund wird die OMV in Zukunft mehr veredeln und weniger verbrennen und damit die Weichen für eine CO2-ärmere Zukunft stellen. Aus dem Rohöl wird also weniger Benzin oder Diesel produziert, es werden verstärkt Ausgangsprodukte für die Kunststoffproduktion gewonnen. Die daraus produzierten Kunststoffe stecken in Solarpanelen, Elektroautos, Wasser- und Abwasserleitungen, Smartphones, Computergehäusen oder Internetkabeln – und binden das CO2 dort langfristig. Die Mehrheitsübernahme der OMV am Kunststoffhersteller Borealis war ein ganz wesentlicher Schritt in diese Richtung.
Propylen-Pioniere in der Raffinerie
Ein entscheidender Vorteil ist aber auch, dass die OMV schon vor langer Zeit mit dem Optimieren ihrer Raffinerien in Richtung Petrochemie begonnen hat. Zum Beispiel mit der FCC Anlage in Schwechat. „Wir haben schon in den 2000er Jahren damit angefangen, die Anlage baulich auf eine erhöhte Propylenausbeute vorzubereiten, probieren viel aus und sind ein motiviertes Team mit viel Erfahrung“, sagt Anna-Maria.
Zwar besteht die FCC Anlage zu einem kleinen Teil noch aus dem 1962 gebauten Grundgerüst, die ersten Adaptionen in Richtung Petrochemie wurden aber schon vor über 20 Jahren gemacht. Aber noch einmal zurück ins Jahr 2018 und zu den Bemühungen, die Anlage weiter zu optimieren.
Anna-Maria Schober erzählt:
Dass sich der Pioniergeist und die Bemühungen von Anna-Maria und ihren Kolleginnen und Kollegen lohnen, sieht man an den Zahlen: Der Anteil an Ethylen, Propylen und Butadien ist in den letzten zwei Jahrzehnten stetig gestiegen. Heute liefert die FCC Anlage in Schwechat mehr als zehn Prozent petrochemischer Produkte. Das ist einer der höchsten Werte Europas. Das freut nicht nur Anna-Maria und das FCC-Team – sondern ist auch ein wichtiger Schritt zu einer CO2 ärmeren Zukunft.
Foto Credit: Martin Reifensteiner | @staublawine |