Joint Ventures – starke Partnerschaften in der Öl- und Gasbranche
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Das Suchen und Fördern von Öl- und Gas ist eine komplexe Angelegenheit. Es sind nicht nur viel technisches Know-how und hohe Investitionen gefragt, sondern auch eine gewisse Risikofreudigkeit. Daher sind Joint Ventures in unserer Branche schon lange üblich: Unternehmen, die am Markt eigentlich Konkurrenten sind, wickeln gemeinsam Großprojekte ab. Wie so eine Partnerschaft im Alltag konkret funktioniert, erzählten uns ein OMV Kollege und sein Partner von der Statoil.
Anfang Juli diesen Jahres hatten Harald Scheruga-Rosmarion (OMV) und Torolf Christensen (Statoil) bereits 15 gemeinsame Termine hinter sich. Seit 2014 haben die beiden ein gemeinsames Ziel: Die Entwicklung des Gasfelds Aasta Hansteen in der Norwegischen See, rund 300 Kilometer von der Küste entfernt. Ein Mega-Projekt das sich in dieser Form nur in einer Partnerschaft von mehreren Unternehmen realisieren lässt: Betriebsführerin Statoil (51%), OMV (15%), Wintershall (24 %) und ConocoPhilips (10 %) arbeiten in enger Abstimmung zusammen, um 2018 mit der Gasförderung beginnen zu können.
Was sind die wichtigsten Gründe dafür, in einem Joint Venture zusammen zu arbeiten?
Harald Scheruga-Rosmarion: In unserem Geschäft geht es darum Risiken zu managen. Wenn wir im Rahmen einer Explorations-Lizenz eine Bohrung durchführen, haben wir natürlich noch keine Garantie dafür, dass wir da auch wirklich auf Öl oder Gas stoßen. Haben wir dann erfolgreich Kohlenwasserstoffe gefunden, stellt sich immer noch die Frage nach der wirtschaftlichen Förderbarkeit. Das Joint Venture ist eine Möglichkeit Risiken zu streuen und profitabel zu agieren. Der aktuelle Ölpreis macht das besonders deutlich. Der Markt ist volatil und ein Öl- oder Gasfeld zu entwickeln kostet viel Geld – da macht es Sinn, die Kosten aufzuteilen.
Torolf Christensen: Eine gute Zusammenarbeit bringt viele Vorteile für beide Seiten. Know-how ist dabei ein wichtiger Aspekt. Man arbeitet oft mit demselben Partner in anderen Konstellationen zusammen. Alles, was man in das eine Projekt einbringt, kommt vielleicht in einem anderen zurück. Die OMV und die Statoil arbeiten derzeit an mehreren Projekten in dieser Region zusammen, wie zum Beispiel bei Gullfaks und Gudrun, oder auch bei Wisting, wo die OMV Betriebsführerin ist.
Ein Joint Venture ist eine Möglichkeit Risiken zu streuen. Der aktuelle Ölpreis macht das besonders deutlich. Der Markt ist volatil und ein Öl- oder Gasfeld zu entwickeln kostet viel Geld – da macht es Sinn, die Kosten aufzuteilen.
Harald Scheruga-Rosmarion, Asset Development Manager, OMV Norway
Bleiben wir bei Aasta Hansteen – wie sieht der Erfahrungsaustausch in diesem Projekt konkret aus?
Harald Scheruga-Rosmarion: Die Statoil ist jedenfalls eine von den ganz Großen, ein “Major Player” hier im Norden. Sie entwickelt schon seit vielen Jahren Felder in der Region – wir können also Vieles von ihr lernen. Die OMV stieg vor zehn Jahren in Norwegen ein und konnte über die Jahre sehr viel Subsurface-Expertise und spezielle Erfahrung im Bereich des Bohrens sammeln. Was uns noch fehlte, war Erfahrung mit der Entwicklung großer Offshore-Projekte.
Torolf Christensen: Für uns als Betriebsführerin ist es wichtig, dem OMV Standpunkt gegenüber offen zu sein und diesen auch anzuerkennen. Die OMV übernimmt nun eine immer aktivere Rolle, bringt mehr und mehr konstruktives Feedback ein. Die OMV hat ihre Rolle in diesem Joint Venture gefunden – was natürlich für alle beteiligten Unternehmen ein Vorteil ist. Wir möchten in einer sinnvollen Partnerschaft zusammenarbeiten.
Eine gute Zusammenarbeit bringt viele Vorteile für beide Seiten. Know-how ist dabei ein wichtiger Punkt. Man arbeitet oft mit demselben Partner in anderen Konstellationen zusammen. Alles, was man in das eine Projekt einbringt, kommt vielleicht in einem anderen zurück.
Torolf Christensen, Project Director - Aasta Hansteen field development, Statoil ASA
Wenn wir schon beim Feedback sind – wie kann man sich die Zusammenarbeit zwischen vier verschiedenen Unternehmen in solch einem komplexen Projekt vorstellen?
Harald Scheruga-Rosmarion: Die Statoil ist Betriebsführerin in diesem Projekt und daher sozusagen im Fahrersitz, während die OMV die Rolle des Co-Piloten übernimmt. Natürlich wollen wir immer den Überblick behalten und wissen, was gerade passiert. Manchmal führt die Menge an Detailinformationen die wir einfordern zu Irritationen. Gleichzeitig müssen wir als OMV Prioritäten setzen – was müssen wir wirklich wissen, und was nicht – sonst geht man am Ende in Details unter. Ich glaube, das ist auch etwas, das wir in die Partnerschaft einbringen können: den Überblick bewahren, damit wir uns nicht alle in Details verlieren und helfen, immer das große Ganze im Blick zu haben.
Gibt es so etwas wie einen Vertrag, der die generelle Richtung der Zusammenarbeit vorgibt?
Torolf Christensen: Die Joint Venture Vereinbarung und das Stimm- bzw. Mitspracherecht werden vorab festgelegt. Zum Beispiel hat die Statoil die größte Beteiligung in diesem Projekt, aber wir können deshalb nicht einfach tun und lassen, was wir möchten. Andererseits können unsere drei Partner uns auch nicht überstimmen. Außerdem gibt es noch den so genannten Plan for Development and Operation, den wir 2013 beim norwegischen Erdöl- und Energieministerium eingereicht haben. Er regelt wesentliche Punkte der Projektzusammenarbeit und ist sozusagen ein Gesetz an das sich alle vier Partner halten müssen.
Harald Scheruga-Rosmarion: Natürlich haben unterschiedliche Unternehmen auch unterschiedliche Strategien. Und nachdem es vom Fund bis zur Förderung viele Jahre dauert, ist es auch klar, dass sich Unternehmen und deren Strategien verändern können. Aber Projekte wie Aasta Hansteen sind wie große Tankschiffe: Man kann zwar den Kurs anpassen, aber eine komplette Kehrtwende ist nicht möglich. Ein weiterer wichtiger Punkt: Transparenz ist ein Grundprinzip der norwegischen Kultur. Der Großteil der Projektkommunikation passiert über eine zentrale Online-Plattform. Dort werden Dokumente ausgetauscht, dort finden Diskussionen statt. Nicht nur alle Partner, auch die Behörden haben Zugriff auf diese Plattform. So eine Art der Zusammenarbeit in einem Joint Venture war neu für mich.
Gibt es Unterschiede in der Unternehmenskultur?
Harald Scheruga-Rosmarion: Ich denke, die Statoil und die OMV haben eine ähnliche “DNA”. Beide haben sich von staatlichen zu privaten, börsennotierten Unternehmen entwickelt. Und aus interkultureller Sicht passen Österreich und Norwegen sehr gut zusammen. Wir haben eine ähnliche Kommunikationskultur, wir sind beide das kalte Wetter gewohnt, den Schnee, die Berge …
Torolf Christensen: Ja, wir passen wirklich gut zusammen. (lacht)
Harald Scheruga-Rosmarion: Außer, ihr schlagt uns im Skifahren! (lacht)
Wie gehen Sie persönlich damit um, einerseits Kollegen, andererseits Mitbewerber zu sein?
Harald Scheruga-Rosmarion: Es ist klar, dass jeder Partner aus der jeweiligen Unternehmensstrategie heraus gewisse Ziele hat. Und es ist klar, dass diese Ziele nicht unbedingt übereinstimmen. Aber auf Projektebene muss man kollegial zusammenarbeiten, sonst wird man nicht erfolgreich sein. Wie schon erwähnt, bei Projekten wie diesen ist man für sehr lange Zeit “verheiratet”. Wir sprechen hier von 30-35 Jahren. Es hat einen guten Grund, warum man PARTNERschaft sagt.
Torolf Christensen: Da stimme ich zu. Soziale Kontakte sind Teil der Zusammenarbeit. Wenn man auf professioneller Ebene langfristig erfolgreich zusammen arbeiten möchte, braucht man jedenfalls einen guten Umgang miteinander. Bei Aasta Hansteen stehen wir mehr oder weniger am Anfang unserer Zusammenarbeit. Nachdem das Feld in Produktion geht, werden wir vielleicht nach mehr Gas in dieser Region suchen und die Einbindung anderer Felder diskutieren. Wir werden Lösungen finden müssen, die für alle annehmbar sind.
Harald Scheruga-Rosmarion: Übrigens – in ein paar Minuten haben wir ein Meeting in dem es um die Kosten für Bohrungen geht. Da werden wir wohl nicht mehr ganz so entspannt plaudern… (lacht). Aber solche Diskussionen gehören natürlich auch zu unserem Job und eine gute, stabile Partnerschaft verträgt so etwas. Denn schließlich wissen alle, dass wir dasselbe Ziel haben.
Über das Aasta Hansteen Projekt
- Das Feld befindet sich außerhalb bestehender Infrastruktur in 1.300 Metern Wassertiefe, 300 Kilometer von der norwegischen Küste entfernt. Es liegt in der Norwegischen See und ist nach der norwegischen Malerin, Schriftstellerin und Feministin Aasta Hansteen (1824-1908) benannt.
- Zur Feldentwicklung gehören eine SPAR Plattform: die von Aasta Hansteen wird die erste ihrer Art auf dem norwegischen Kontinentalschelf sein. Ein SPAR ist eine schwimmende Anlage, die aus einer Art vertikalen Säule besteht, die am Meeresgrund verankert ist. Sie wird derzeit in der Hyundai Heavy Industries Werft in Ulsan, Südkorea gefertigt.
- Polarled ist eine neue, 480 Kilometer lange Gaspipeline die von Aasta Hansteen ans Festland nach Nyhamna im norwegischen Møreog Romsdal führt. Die Pipeline ermöglicht die Entwicklung von Aasta Hansteen und weiterer Felder in der Nordsee.