Erneuerbare Energie? Bitte speichern!
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Windparks und Solaranlagen prägen immer mehr unser Landschaftsbild. Das sieht vielleicht nicht immer elegant aus, ist aber essentiell, wenn laut EU-Roadmap die Treibhausgasemissionen bis 2050 europaweit um mindestens 80% reduziert werden sollen. Ein ambitioniertes Ziel – und auf dem Weg dorthin gilt es vor allem ein Problem zu lösen: Was tun mit überschüssigem, aus Wind und Sonne gewonnenem, Strom? Dieser lässt sich derzeit nämlich nur schwer speichern.
Ende 2014 drehten sich rund um die Welt bereits 268.000 Windräder. Sie tragen damit rund drei Prozent zur globalen Stromversorgung bei. Europa war bis vor kurzem Spitzenreiter bei der Produktion von Windenergie, im letzten Jahr wurde es von Asien überholt.
Soweit so gut. Allerdings fällt in den Windparks auch viel überschüssige Energie an – etwa bei starkem Wind oder wenn der Energiebedarf gerade geringer ist. Diese Energie kann jedoch nicht gespeichert werden. Es geht soweit, dass Windräder trotz idealer Bedingungen abgedreht werden, um eine Überlastung des Stromnetzes zu vermeiden. Gleichzeitig gibt es Tage, an denen die Rotorblätter nicht in Schwung kommen – da der nötige Wind ausbleibt. Es braucht also eine Technologie, die diese Schwankungen – gut sichtbar in der folgenden Grafik – ausgleicht, um grüne Energie flexibel nutzen zu können. Wasserstoff in Kombination mit dem bestehenden Erdgasnetz könnte die Lösung sein.
Wie der Wind in die Pipeline kommt
Einer der Vordenker der noch recht jungen Power-to-Gas Technologie – so wird die Umwandlung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen zu Wasserstoff bzw. Methan in Fachkreisen genannt – ist Michael Sterner, Professor für Energiespeicher an der Technischen Universität Regensburg: „Das Gasnetz ist die Infrastruktur mit der größten Speicherkapazität in ganz Europa. Es ist die ideale Ergänzung zu einer starkstromdominierten Energieversorgung.“ Doch wie kommt der Wind nun in die Gaspipeline? „Dazu muss der aus Windenergie erzeugte Strom zunächst in Wasserstoff umgewandelt werden“, erklärt Helga Prazak-Reisinger, Innovation Manager bei der OMV, bei der sich seit 2014 alles um das Speicherkonzept „wind2hydrogen“ dreht.
Für mich ist die Umwandlung von Strom in Wasserstoff ein wesentlicher Puzzlestein, um die erneuerbaren Energien weiter auszubauen. Mit dieser Technologie kann eine Überproduktion gespeichert oder auch erneuerbarer Wasserstoff für zukünftige Mobilität produziert werden.
Helga Prazak-Reisinger, Innovation Manager at OMV
Der Energiespeicher Wasserstoff
Wasserstoff ist das häufigste chemische Element im Universum und kommt in gebundener Form in sämtlichen lebenden Organismen vor. Dazu kann er dreimal mehr Energie speichern als Benzin. Aber was lässt sich mit „H2“ alles anfangen? „Einerseits kann Wasserstoff in einer Brennstoffzelle in Wasserstoffautos eingesetzt werden – Stichwort grüne Mobilität. Schadstoffe entstehen dabei keine, die einzige Emission ist Wasser“, erklärt Helga Prazak-Reisinger. „Andererseits ist Wasserstoff als chemischer Zwischenspeicher ideal. Er kann relativ einfach in das bestehende Gasnetzwerk eingespeist werden, das dabei sowohl als Speicher, als auch Transportmittel dient.“ Bei Bedarf lässt sich das Gas dann wieder zu Strom umwandeln oder als Wärmelieferant, also zum Heizen mit einer Gastherme, nutzen. So geht keinerlei Energie verloren, jede Windböe wird genutzt.
Mit Hochdruck vom Windstrom zu Wasserstoff
Der direkte Weg von Windstrom zu Wasserstoff führt über die Elektrolyse, also dem Prozess, bei dem mithilfe von Strom Wasser (H2O) in Wasserstoff (H2) und Sauerstoff (O) aufgespalten wird. Genau das kann die gerade eröffnete „wind2hydrogen“ Pilotanlage in der OMV Gasstation in Auersthal in Niederösterreich – und mehr. Wasserstoff hat nämlich ein recht hohes Volumen, was Transport und Lagerung erschwert. Mit dem Hochdruck-Elektrolyseur in Auersthal wird der Wasserstoff schon bei der Gewinnung auf 163 bar komprimiert. Dadurch erspart man sich den sonst notwendigen und wartungsanfälligen Kompressor – das ist derzeit bei Power-to-Gas einzigartig. Zum Vergleich: Der Druck in einem Autoreifen beträgt etwa drei bar.
Mit der Pilotanlage lässt sich außerdem weiter erforschen, wie der Elektrolyseur bei flexiblem Betrieb funktioniert, zum Beispiel wenn es über längere Zeit hinweg windstill ist. „Wir simulieren hier das Stromprofil eines Windparks, testen zukünftige Geschäftsfälle und sammeln Erfahrung im täglichen Betrieb einer solchen Anlage. Außerdem bekommen wir wichtige Informationen darüber, wie und in welche Erdgasnetze sich Wasserstoff einspeisen lässt“, erklärt Helga Prazak-Reisinger. „Ich sehe da ein Riesenpotenzial. Man kann mit dieser Technologie klein anfangen, die Anlagen flexibel anpassen – etwa einen Elektrolyseur direkt an einer Tankstelle installieren und vor Ort Wasserstoff erzeugen – und dann modular ausbauen. Was mich an Wind2Hydrogen so sehr fasziniert, ist, dass dabei keine Emissionen und keinerlei Abfall entsteht –wir gewinnen damit reine, grüne Energie.“
Erfahren Sie mehr über die Pilotanlage wind2hydrogen, die gemeinsam mit Fronius, EVN, HyCentA und dem Energieinstitut an der Johannes Kepler Universität Linz realisiert und vom Klima- und Energiefonds gefördert wird, in unserem Film: