Glycerin2Propanol: Mehr Biobenzin für unsere Tanks
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Versuchsanlagen, silberne Kolonnen, lange Verbindungsleitungen, dazwischen Leute im Blaumann oder in weißen Mänteln – das ist das Technikum der Raffinerie Schwechat. In dieser „Mini-Raffinerie" werden verschiedenste Verfahren getestet, bevor sie in der echten Raffinerie zum Einsatz kommen. So auch ein Prozess, bei dem aus einem Abfallprodukt wie Glycerin Biotreibstoff gewonnen wird.
Auf den ersten Blick ist Glycerin recht unspektakulär: Es ist in allen natürlichen Fetten enthalten, ein zähflüssiger, farbloser bis gelblicher Zuckeralkohol. „Riecht angenehm süßlich“, findet Ella Hundegger. Sie arbeitet im Technikum an der Entwicklung neuer Pilotanlagen, und ist nah dran an den Stoffen und Projekten, die uns in Zukunft voranbringen.
„Glycerin ist in großen Mengen vorhanden und man kann etwas sehr Brauchbares daraus machen“, erklärt die Chemieverfahrenstechnikerin. Denn Glycerin zählt zu jenen Rohstoffen, aus denen sich Biokraftstoffe der 2. Generation gewinnen lassen: Das bedeutet, dass die eingesetzten Rohstoffe weder selbst Nahrungsmittel sind, noch in Konkurrenz zu Anbauflächen stehen, sondern vielmehr als Abfallprodukt in anderen Prozessen anfallen. Glycerin zum Beispiel ist ein bisher wenig beachtetes Nebenprodukt, das bei der Herstellung von Biodiesel, Waschmittel oder Seifen vorkommt. Optimal ist auch seine zähflüssige Konsistenz: „Es braucht kein zusätzliches Trägermaterial, lediglich ein bisschen Wasser und schon ist es einsatzbereit“, sagt Ella. Und eingesetzt wird es in der OMV Raffinerie Schwechat zur Herstellung von Biobenzin – aber dazu braucht es ein eigenes Verfahren.
Glycerin ist ideal, um es für die Produktion von Biobenzin einzusetzen: Es ist ein Abfallprodukt, gut verfügbar, steht in keiner Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion, hat die ideale Konsistenz – und riecht noch dazu angenehm. Ella Hundegger, Chemieverfahrenstechnikerin in der Raffinerie Schwechat
Wie aus Glycerin Propanol wird – und warum
Chemische Rohstoffe weiterzuverarbeiten ist eine typische Raffinerieaufgabe, und in diesem Fall wird Rohglycerin anstelle von Rohöl verarbeitet. Der Prozess funktioniert so: „Wir fahren die Einsatzmischung – Glycerin gemischt mit etwas Wasser – in die Testanlage. Mit Wasserstoff, unter Druck und Wärme wird die Mischung dann in den Reaktor geleitet, wo unser eigens entwickelter Katalysator das Glycerin dazu bringt, zwei seiner drei Hydroxylgruppen abzuspalten. Übrig bleibt Propanol. Ein Alkohol, der leichter und flüssiger ist als Glycerin – und damit ideal geeignet, um ihn als Biokomponente Benzin beizumischen“, erklärt Ella. Das Propanol erhöht die Oktanzahl des Benzins und reduziert gleichzeitig die CO2-Emissionen beim Verbrennen. Und genau das ist das Ziel.
Gut Ding braucht Weile
„Wir haben den Prozess mehr als sechs Jahre lang getestet, mit Glycerin experimentiert, die Anlage optimiert und den passenden Katalysator entwickelt“, erzählt Ella. Unterstützt wurden sie und das Team von Expertinnen und Experten der Technischen Universitäten Wien und Graz. Nun sind die Ingenieur-Teams am Werk: In einer niederländischen Werkshalle der Firma Zeton wird die neue Glycerin2Propanol Pilotanlage Stück für Stück vorinstalliert. Nach ein paar Monaten werden die Module dann nach Schwechat geliefert und die Anlage hier zusammengebaut, installiert, getestet, skaliert, bis sie schließlich ab 2023 Propanol produziert – Innovationen und die Umstellung von Raffinerieprozessen brauchen eben ihre Zeit. Ella und ihre Kolleginnen und Kollegen bleiben jedenfalls dran und führen im Technikum weitere Tests durch. Solange, bis die Glycerin2Propanol Anlage optimal läuft und für mehr Nachhaltigkeit in unseren Tanks sorgt.
Glycerin2Propanol Pilotanlage – Zahlen und Fakten
Die Kapazität der Pilotanlage wird bei 1,25 Mio Liter Propanol pro Jahr liegen. Dies führt zu einer Reduktion von ca. 1.800 Tonnen CO2.
Zur Herstellung eines Liters Propanol sind 1,2 Liter Rohglycerin notwendig.
Unter moderaten Temperaturen und Drücken wird in dem energiesparenden Prozess 1 barrel (= 1 Fass zu 159 Liter) Propanol pro Stunde hergestellt.
Langfristig ist eine Kommerzialisierung des Verfahrens geplant, um ca. 125 Mio Liter Propanol pro Jahr herzustellen und CO2 in einer Menge von 180.000 Tonnen zu reduzieren.
Neben der Verwendung von Propanol für Biobenzin kann es auch als biogener Grundstoff für die Chemieindustrie verwendet werden.
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